Tag 1 & 2 – Tokio: Von frischen Fischen und tanzenden Sturmtruppen
Nach einem langen Flug von Berlin über Mailand kamen wir am 11. September 2017 in Tokio an – und zwar alleine, sprich ohne Gepäck. Das sollte auch den kompletten Urlaub über nicht mehr auftauchen, bescherte uns dadurch aber auch ungeahnte und durch angenehme Freiheit.
Zunächst suchten wir unsere abenteuerlich versteckte Unterkunft. Über Booking hatte ich ein kleines Apartment in halbwegs zentraler Lage – sofern man das für Tokio überhaupt sagen kann – gebucht. Wir fuhren mit der U-Bahn, die weniger voll war als aus Fernsehbildern befürchtet, in die Nähe und machten uns dann per Google Maps auf die Suche. Dazu muss man wissen, dass die Japaner ein liberales Verhältnis zu Adressen haben. Straßen werden zwar manchmal benannt, aber deswegen muss man das noch lange nicht irgendwo erkennbar hinschreiben. Und falls Hausnummern vergeben werden, dann nicht etwa nach einer Reihenfolge, die den Standort signalisiert, sondern chronologisch. Das heißt: Die Nummer 1 kann neben der 240 stehen und direkt daneben die 73. Was hat man früher nur ohne GPS gemacht, fragten wir uns…
In unserer Unterkunft gab es kein Bett im westlichen Sinne, sondern zwei Matratzen auf dem Boden. Das war für uns damals natürlich neu, sollte uns aber noch öfter in Japan begegnen.
Nachdem der erste Tag durch den langen Flug und den Jetlag relativ kurz war, machten wir uns am nächsten Morgen früh auf zum weltgrößten Fischmarkt „Tsukiji“. Überall wuselten und fuhren Fischer und Händler umher. Die große Halle selbst darf man als Unbefugter in der Frühe allerdings gar nicht betreten, schließlich arbeiten die Leute hier hart und wollen verständlicherweise nicht noch zusätzlich Touristen im Weg herumstehen haben. Mit einer geführten Tour dürfen zwar ein paar Auserwählte hinein, aber zu denen zählten wir nicht.
Es gibt allerhand kleine Läden und Restaurants unmittelbarer neben dem Fischmarkt und natürlich bekommt man hier auch fangfrischen Fisch und was bietet sich da mehr an, als Sushi zu essen? Frischer als dieser Thunfisch ging es nun wirklich nicht mehr, unser Sushi in einem winzigen Laden war köstlich. Etwas später durften wir dann auch noch den Markt betreten, der wirklich beeindruckend groß ist. Allerdings konnten wir die Händler nicht mehr in Aktion erleben, die meisten waren am Einräumen oder schon weg.
Danach machten wir uns auf den Weg zum Nationalmuseum, fanden auf dem Weg noch allerhand verrückte Lädenmit typisch japanisch buntem, blinkendem, schrillem und sehr sehr kitschigstem Kram. und abgefahrensten Sachen verkaufte. Vor dem Laden standen bestimmt 30 Automaten, aus denen man alle (und das heißt wirklich noch so absurde) erdenklichen Figuren ziehen konnte. Drinnen tanzten Sturmtruppen aus Star Wars gemeinsam mit Yoda und einem Ewok.
Im Nationalmuseum bekamen wir vor allem anhand von Kleidung und Kunst einen Eindruck über die vergangenen Epochen der japanischen Geschichte. So einen richtig nachhaltigen Einblick hat uns das Museum aber leider nicht verschafft.
Tag 3 – Tokio: Schwere Jungs
Auch am nächsten Tag standen wir früh auf, denn wir wollten noch ein paar der Tageskarten für das momentan stattfindende Turnier im Sumoringen ergattern. Wir standen gegen 7:30 Uhr in der Schlange und hatten Glück, denn nicht viel später wurde diese geschlossen. Wir bekamen zwei Tickets und durften mit diesen zwei Mal die Halle betreten, denn so ein Turniertag dauert ziemlich lange, von 8:30 bis 18 Uhr. Wir gingen gleich rein, die Halle war aber noch so gut wie leer, denn die höherklassigen Kämpfer kämpfen erst viel später. Spaß gemacht hat es auf jeden Fall trotzdem schon und wir konnten ruhig in den Sport hineinfinden. Wir verließen die Halle nach einer Stunde wieder und kehrten dann um 16 Uhr wieder zurück. Toll übrigens, dass den Zuschauern erlaubt ist, alles von draußen mitzubringen, deswegen aßen und tranken alle im Publikum, was sie wollten.
Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht und der Sport hat eine Faszination, denn die Ringer strahlen trotz der spärlichen Bekleidung viel Würde aus und sind in der japanischen Gesellschaft hoch angesehen. Zwar dauern die Kämpfe in der Regel nur ein paar Sekunden dauern, aber das Ritual, bevor es los geht und die steigende Spannung waren toll.
Zwischendurch waren wir noch etwas in der Innenstadt unterwegs und beispielsweise an der berühmten Shibuya-Kreuzung, die am meisten begangene Kreuzung der Welt. Hier schalten alle Ampeln für die Fußgänger auf einmal auf Grün und dann laufen in Stoßzeiten jedes Mal bis zu 15.000 Menschen los.
Tag 4 & 5 – Nagiso & Magome: Das alte Japan
Nun verließen wir Tokio und fuhren erstmals mit dem Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen, den wir dank des Japan Rail Passes nutzen konnten. Wir fuhren ca. drei Stunden nach Nagiso, von wo am nächsten Morgen unsere Wanderung nach Magome starten sollte. Wir kamen in einer abgelegenen aber malerisch gelegenen Herberge an, betrachteten in schönster Natur den Sonnenuntergang und verbrachten einen ruhigen Abend.
Am nächsten Morgen ging es früh los, denn wir hatten eine längere Wanderung vor uns. Der Weg war dieses Mal das Ziel und so liefen wir entlang der alten Poststraße „Nakasendo“ von Nagiso nach Magome durch schöne Natur und konnten etwas den Duft des alten Japans schnuppern. Unterwegs passierten wir Reisfelder, Wasserräder, ein altes Samurai-Dorf und Wälder. Dank der regelmäßig angebrachten Glocken kamen wir auch ohne Bärenangriff davon. Magome dann war ein wirklich malerisches Dörfchen, wo wir uns nach der Wanderung bei einem Maronen-Eis entspannten und glücklich die Füße hochlegten.
Tag 6 – Kyoto: Mangas und Tempel
Japans alte Hauptstadt Kyoto war unser nächster Stopp, wo wir uns zunächst den futuristischen Hauptbahnhof ansahen. Leider regnete es schon den ganzen Tag und machte keine Anstalten, aufzuhören – perfektes Wetter für den Besuch in einem Museum. Unsere Wahl fiel auf das Internationale Mangamuseum. Auf dem Weg dorthin kamen wir direkt an der ziemlich großen Tempel-Anlage Higashi Hongan-ji vorbei, eine der größeren von gefühlt 1.000 Stück in der Stadt. Im Museum selbst gab es vermutlich jeden Manga, der jemals erschienen ist, unglaublich viele und überall saßen die Besucher und lasen still vor sich hin. Wir haben immerhin viel zur Entstehungsgeschichte gelernt.
Tag 7 – Kyoto – Arashiyama: Zwischen Taifun, Bambus und Kimonos
Wer in den historischen Teilen Kyotos unterwegs ist, kann sich mit etwas Zeit und dem nötigen Kleingeld traditionell kleiden lassen. Überall in der Stadt gibt es Geschäfte, in denen man sich Kimonos leihen und direkt anlegen lassen kann (denn das Anlegen soll eine Wissenschaft für sich sein). So geschmückt geht es dann für die Japaner ab zu den traditionsreichen Ausflugszielen mit dazugehöriger Fotosession.
Wir wollten uns zunächst den Affenpark Iwatayama im Stadtteil Arashiyama anschauen – leider hatte der kurzfristig wegen einer Taifun-Warnung geschlossen. Uns flogen aber keine der kleinen Äffchen entgegen, es war am Ende alles halb so schlimm. Glücklicherweise war mit dem Bambuswald ein weiteres Highlight direkt nebenan. Und weil diese Ecke Kyotos so hervorragend ist, betraten wir auch gleich noch in Tenryū-ji, einen der größten buddhistischen Tempel der Stadt mitsamt dem Sogenchi-Garten aus dem 14. Jahrhundert, der noch annähernd originalgetreu erhalten ist. Das Gelände zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Tag 8 – Kyoto: Toooor!
Heute wurde es ein torreicher Tag: Wir gingen zum Shinto-Schrein Fushimi Inari-Taisha. Der Weg dorthin führt über 4 Kilometer den Berg hinauf und ist gesäumt von zahlreichen scharlachroten Toren (lustigerweise im Japanischen: Torii), die symbolische Eingangstore zu den insgesamt fünf Schreinen darstellen. Auf dem Gelände gibt es hunderte Steinfüchse zu entdecken. Die Füchse sind ein mythische Sagengestalten mit außergewöhnlichen Kräften. In der Kurzform: Sie sind verschlagen, schlüpfen in die Körper von Menschen (unangenehmerweise dringen sie unter dem Fingernagel ein) und beeinflussen diese fortan. Ein wirklich lohnenswerter Ausflug, auf dem man an sich halten muss um nicht 500 Fotos zu machen.
Tag 9 & 10 – Kinosaki: Auf Holzsandalen zur Entspannung
Klack klack, klack klack. Nanu, laufen dort draußen etwas Pferde? Nein es sind nur die Badegäste auf dem Weg in den Onsen, das traditionelle Bad bzw. heiße Quelle. Wir gönnten uns zwei Übernachtungen in einem Ryokan, einem klassischen japanischen Hotel und bekamen dazu direkt die komplette Ausstattung von Bademantel über Holzschuhe bis hin zum Badepass, der uns Eintritt in alle der sieben öffentlichen Bäder im Ort gewährte.
Wer Entspannung sucht, ist in Kinsosaki richtig und sollte sich hier für ein paar Tage niederlassen. Anfänglich war es ja etwas aufregend in den Onsen zu gehen, weil den Onsen-Gang viele rituelle Schritte beinhaltet und man gefühlt alles falsch machen kann. Das gibt sich aber schnell und nach 1-2 Gängen hat man es ganz gut verinnerlicht und kann sich in den heißen Quellen zurücklehnen. Dabei muss man sich an den ungewohnten Anblick gewöhnen, dass um einen rum alle Waschlappen auf dem Kopf haben, denn diesen nutzt man zur Reinigung und er darf auf keinen Fall das Wasser berühren. Es ist aber auch nicht so, als gäbe es sonderlich viele Möglichkeiten, diesen abzulegen – also ab damit auf den Kopf. Wie auch Besuche in der Sauna zehren Onsen ganz schön an der Kraft und man kommt in einen wohlig müden Zustand und kann es sich bei einem Spaziergang in dem hübschen kleinen Örtchen und bei einem leckeren Abendessen oder im Ryokan gemütlich machen.
Tag 11 – Hiroshima: Die Stunde Null
Unser nächster Stop führte uns nach Hiroshima, wo zum Ende des Zweiten Weltkrieges die Atombombe abgeworfen wurde. Die Strahlung ist nicht mehr so hoch, als dass ein Besuch gefährlich wurde und in der Stadt leben über eine Million Menschen. Da durch die Bombe die ganze Stadt verwüstet wurde und natürlich die alten Holzhäuser komplett vernichtete, wurde die Stadt neu aufgebaut und ist erst einmal nicht sonderlich hübsch, aber die Geschichte merkt man natürlich an vielen Stellen.
Das zentrale Mahnmal der Stadt ist der sogenannte „Atombomben-Dom“, man sieht die Kuppel schon von weitem. In den eingefallenen Wänden steht ein Stahlgerüst, Pflanzen wuchern im Inneren. Die Ruine der ehemaligen Industrie- und Handelskammer ist eines der wenigen Gebäude im Epizentrum, von denen überhaupt etwas übrig geblieben ist nach dem die Bombe explodierte. Das dazugehörige Friedens-Museum sollte man auf jeden Fall auch besuchen. Es erzählt die Katastrophe nach, berichtet von vielen Einzelschicksalen und eigt die Gräuel dieser Waffe auf. Wir waren nach dem Besucht sehr berührt.
Tag 12 – Miyajima: Freche Rehe überall
Unweit von Hiroshima liegt die Insel Miyajima mit dem berühmten roten Tor, das bei Flut aus dem Meer herausragt. Bei der Überfahrt mit dem Boot hat man einen tollen Blick darauf und das Tor wird sicherlich milionenfach fotografiert. Die Insel ist wirklich pittoresk, mit sehr schönem Tempel und man kann hier ausgiebig spazieren und wird sich dabei vor allem der zahlreichen Rehe erfreuen, die völlig entspannt zwischen den Menschen herumlaufen und auch mal etwas frech werden können, wenn sie etwas Essbares finden.
Tag 13 & 14 – Nara: Buddha bei die Fische
Der Shinkansen führte uns nun wieder weiter nach Osten und für zwei Tage nach Nara. Großes Highlight hier ist der Tempel Tōdai-ji, der nicht nur das größte rein aus Holz gebaute Gebäude der Welt ist, sondern auch noch die größe Buddha-Statue aus Bronze beherbergt. Auch hier im Park gab es wieder viele zahme Rehe und insgesamt sehr schöne Tempelanlagen zu sehen. Nara ist sicherlich kein absolutes Muss, aber es ist eine hübsche kleinere Stadt, in der wir sehr gerne durch die kleinen Gassen bummelten und wir bummelten hier gerne einfach durch die kleinen Gassen und genossen.
Tag 15 & 16 – Ito: Ryokan-Hostel mit eigenem Onsen
Aus einem etwas ungewöhnlichen Grund hatten wir unser nächstes Ziel gewählt: Der kleine Ort Ito in der Präfektur Shizuoka lag zwar grob auf unserem Weg, zählt aber sicherlich nicht zu den ersten Zielen der meisten Japan-Reisenden. Wir fuhrer tatsächlich dort hin, weil im Reiseführer und im Internet so von der Unterkunft „K’s House“ geschwärmt wurde. Und tatsächlich war die Unterkunft fantastisch, schöne Zimmer, tolle Betreuung vor Ort und wir hatten unseren eigenen kleinen Onsen direkt am Zimmer. Hier ruhten wir uns zwei Tage lang etwas aus von unseren vielen Fahrten und machten lediglich einen kleinen Ausflug an die Steilküste von Jogasaki sowie an den Mount Omuro, einen erloschenen Vulkan, auf den man herauffahren konnte um einen schönen Blick zu genießen (oder im Inneren Bogen zu schießen – warum auch immer).
Tag 17 & 18 – Yokohama: Soja-Eis und Baseball
Unsere letzte Station war Yokohama, das nur rund 40 Kilometer von Tokio entfernt ist (und trotzdem mehr Einwohner hat als Berlin) und sich daher anbot um die Rundreise zu beenden. Zwischen den großen Wolkenkratzern und den geplanten Stadtteilen fühlte es sich manchmal etwas merkwürdig künstlich an – bis hin zu dem Jahrmarkt, in den sich kaum jemand verirrt hatte. Hier steht allerdings auch das größte Riesenrad der Welt, von dem aus wir einen schwindelerregenden Blick auf die Stadt hatten.
Wir besuchten das Cup Noodle-Museum, das alles rund um die Geschichte der Instant-Nudeln erzählte tatsächlich ziemlich kurzweilig war. Als Highlight konnte man sich am Ende seine eigenen Cup Noodles aus verschiedenen Zutaten zusammenstellen, die dann Stilecht im Becher verpackt und verschweißt werden und ein schönes Andenken darstellen. Nette Idee übrigens für das angeschlossene Restaurant: Hier kann man Instant-Nudeln aus verschiedenen Ländern essen. Und: Soja-Eis mit gefrorenen Shrimps und Fleischklümpchen – schmeckte so wie es klingt…
Am letzten Abend besuchten wir ein Spiel der Yokohama Baystars – dem lokalen Baseballteam. Die Japaner sind völlig verrückt nach Baseball, es ist die mit Abstand beliebteste Sportart. Es war unser erstes Baseball-Spiel, entsprechend fiel es nicht immer leicht zu folgen, auch weil es unglaublich lange dauert im Vergleich zu anderen Sportarten. Aber man kann es trotzdem jedem ans Herz legen, der Japan besucht und die Möglichkeit hat. Die Stimmung war nämlich sehr gut und außerordentlich friedlich und höflich – wie die Japaner halt so sind, man muss sie einfach gern haben.
Wir haben Japan außerordentlich genossen und würden jederzeit wieder kommen (wenn es denn der Geldbeutel auch zulässt), die Kultur ist einzigartig und vielseitig, ebenso wie die Architektur und Natur, die Japaner sind außergewöhnlich höflich und zuvorkommend und nicht zuletzt denken wir auch an das hervorragende Essen.